Regensburg/Darmstadt,
05. März 2006 (orv) – Nachdem der leitende
Bundestrainer Jürgen Mallow wegen der Hallen-Weltmeisterschaften
in Moskau nicht bei den Deutschen Crosslaufmeisterschaften
anwesend sein kann und dies ausdrücklich bedauert,
haben wir mit ihm zum Thema Cross im Speziellen und der
deutschen Laufentwicklung im Allgemeinen ein Gespräch
geführt.
Ring:
Herr Mallow, wie schätzen Sie die Bedeutung der Deutschen
Crosslaufmeisterschaften im Speziellen und die einer Crosssaison
im Allgemeinen für die läuferische Leistungsentwicklung
ein?
Mallow:
Crosslauf verlangt viele Qualitäten, die wettkampfstarke
Läufer auszeichnen: hohe spezifische Qualitäten
(Ausdauer, Kraftausdauer, Fähigkeit zum Rhythmuswechsel
= abrufbare lauftechnische Varianten) verbunden mit Willensstärke
zeichnen erfolgreiche Crossläufer aus. Früher
haben auch zahlreiche deutsche Läufer, die international
in der Spitze mitliefen (vor allem Langstreckler, Hindernisläufer
und Marathonläufer), ihre Leistungsstärke im
Gelände bei Wald- und Crossläufen entwickelt.
Der Stellenwert der Deutschen Crossmeisterschaft hat in
den letzten Jahren leider abgenommen, die Leistungsfähigkeit
unserer Läufer leider auch. Wir müssen uns anstrengen,
dem Cross wieder zu mehr Ansehen zu verhelfen, mit Detlef
Uhlemann haben wir einen Bundestrainer, der dieses Anliegen
engagiert vertritt.
Ring:
In vielen europäischen Ländern genießt
der Crosslauf bei den Medien hohes Ansehen, verbunden
mit Direktübertragungen im Fernsehen. Bei uns in
Deutschland führt er eher einen Dornröschenschlaf.
Sehen Sie Möglichkeiten, den Crosslauf ohne direkten
Zeitvergleich mit Rekorden als Kampf Mann/Frau gegen Mann/Frau
im teilweise spektakulären Gelände in Deutschland
auch medientechnisch besser in den Vordergrund zu bringen?
Mallow:
Wir haben keine Cross-Tradition wie England, Belgien,
Holland, wir haben kein Cross-Niveau wie Spanien, Italien,
Frankreich und wir haben nicht einmal mehr eine starke
Medienpräsenz für die Leichtathletik in den
Stadien. Der DLV ist aber dabei, verlorenes Terrain zurückzuerobern.
Cross ließe sich hervorragend "verkaufen",
da aber mehrere Kameras aufgestellt sein müssten,
sind den Anstalten die Produktionskosten zu hoch. Überschaubare,
attraktive Strecken wie die in Regensburg und Cross-Varianten
wie der Speed-Cross können vielleicht auch bei den
Medien mehr Interesse auslösen.
Ring:
Sie galten als Verfechter der Frühjahrs-Cross-DM.
Angesichts der in den letzten Jahren sehr langen Winter
könnte man doch auch über eine Verschiebung
der Cross DM in Richtung Ende März nachdenken, dem
Straßenlauf mit einem großen Block Halbmarathon-
und Marathon-DM im September/Oktober Rechnung tragen.
Was halten Sie von dieser Idee?
Mallow:
Es ist schon lange her, da fanden die Deutschen "Waldlaufmeisterschaften"
grundsätzlich erst Ende März oder Anfang April
statt - mit großer Akzeptanz bei den Spitzenläufern.
Die internationalen Terminvorgaben (Cross-WM, CISM-Cross)
und die übergroße Konkurrenz der Straßenläufe
haben zu einer Terminsituation im Cross geführt,
die bei unseren klimatischen Voraussetzungen sicher oft
problematisch ist. Ich fürchte, wir werden keinen
"Königsweg" finden.
Ring:
Würden Sie auch ausgesprochenen Mittelstrecklern
empfehlen, sich ins tiefe Geläuf zu wagen, auch wenn
die Erfolgsaussichten verständlicherweise gegen die
ausdauerstarken Typen eher gering anzusiedeln wären?
Mallow:
Aber natürlich. Es geht doch nicht immer nur um den
Sieg - hier gilt es, durch gutes Training (und Crosslaufen
ist gutes Training!) auch auf seiner Spezialstrecke konkurrenzfähiger
zu werden.
Ring:
Sehen Sie für den deutschen Lauf in allernächster
Zukunft eine Chance, wieder international anzuschließen
und auf welchen Strecken bestehen die besten Möglichkeiten?
Mallow:
In Europa wollen wir schon in Göteborg bei der EM
in diesem Jahr nachweisen, dass der Lauf im DLV auch zum
guten Gesamtergebnis der Nationalmannschaft beitragen
kann. Unsere Marathonläuferinnen haben 2002 den Marathon-Europa-Cup
und zwei Einzelmedaillen gewonnen, wir sind überzeugt,
dass sie auch 2006 wieder stark abschneiden werden. Die
EM wird einen erkennbaren Leistungsschub im DLV auf fast
allen Strecken zeigen - es gilt, danach beharrlich weiter
zu machen. Dann haben wir eine gute Chance, dass wir uns
auch bei den Olympischen Spielen 2008 in Peking und bei
der Weltmeisterschaft 2009 in Berlin über deutsche
Läuferinnen und Läufer in Endläufen freuen
können.
Ring:
Danke für das Gespräch.
Fotos: Jürgen Mallow
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