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Eine zeitgeschichtliche Betrachtung von Jürgen Mallow, keine Polemik, sondern ein Beitrag zum Thema, wie leistungsfähig Vereine sein konnten und könnten, angereichert mit etwas Ironie, aber auch mit ernst gemeinten Anregungen

1983: die Leichtathletik war noch längst nicht so professionell organisiert wie heute. Die DDR war dem DLV weit überlegen, wir waren dennoch zufrieden, denn in den meisten Vergleichen außerhalb des Sports waren „wir“ überlegen. Im DLV gab es wenige hauptamtliche Trainer, die Geschäftsstelle hatte kaum zehn Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen.

1983 fanden in Helsinki die ersten Leichtathletik-Weltmeisterschaften statt, der DLV belegte 26 Endkampfplätze. In der offiziellen Bilddokumentation des DLV zu dieser WM schrieb Prof. August Kirsch, Präsident des DLV, im Hinblick auf Pläne, das Wettkampfprogramm durch weitere Meisterschaften zu erweitern

       Die Mitarbeiter des DLV werden sich on der Diskussion, wie es weitergehen soll, kritisch miteinschalten, denn es gibt kein Jahr der Regeneration für Beruf, Studium oder Prüfungen mehr, im Gegenteil, neue Wettbewerbe werden diskutiert…Die Verletzungen vor Helsinki (eine von zwei Verletzten war Birgit Friedmann) und in Helsinki (eine Verletzte) sind beredtes Zeugnis.

1983 war auch für den DVfL der DDR ein erfolgreiches Jahr, in dem u. a. die Karrieren von Heike Daute (Drechsler) mit dem Titelgewinn und von Thomas Schönlebe (6. Über 400m) begannen. Wenn ich mich anschließend nur mit dem Leistungsstand im DLV beschäftige, dann aus einem einzigen Grund, weil seine damaligen Strukturen eher mit den heutigen vergleichbar sind.

Es ist jedenfalls spannend, die Ergebnisse dieser WM im Detail nachzulesen. Aber auch das soll hier nicht ausführlich diskutiert werden. Noch viel spannender ist nämlich ein Blick in die Ergebnisliste der Deutschen Meisterschaften, die im Juni im Weser-Stadion in Bremen ausgetragen wurden. Die Startblöcke waren veraltet (der hintere Block so hoch, dass Christian Haas zunächst dort   nicht starten wollte). Leistungsfördernde Schuhsohlen und Bahnbeläge wurden erst viel später entwickelt, welchen Wert die Siegeshöhe im Stabhochsprung (5,50m) hatte, kann man ermessen, wenn man sie mit der des jungen Sergej Bubka in Helsinki vergleicht: er sprang dort 5,70m, den Weltrekord verbesserten noch im gleichen Jahr zwei Franzosen auf 5,82 und 5,83m. 

Bei der WM waren bei den Damen die Läufe über 5000m (stattdessen wurde über 3000m gestartet), 10.000m und 3000m Hindernis noch nicht im Programm, es gab für sie auch noch keine Meisterschaften im Dreisprung, Stabhochsprung und Hammerwerfen. 

Bei den Deutschen Meisterschaften wurden bei den Frauen über 3000m und 10.000m, bei den Männern über 5000m und 10.000m Meister ermittelt. Am gleichen Wochenende wurden auch die Staffelmeisterschaften über 4x100m und 4x400m durchgeführt, für Athleten und Vereine eine Prestigeangelegenheit. Überhaupt waren 1983 die Staffelwettbewerbe für die Vereine von großer Bedeutung, bei den Männern wurden sowohl über 4x800m als auch über 4x1500m Titel vergeben. Ob es da vielleicht einen Zusammenhang mit dem damaligen hohen Leistungsvermögen gibt?

Das Leistungsniveau dieser Deutschen Meisterschaften war in den allermeisten Disziplinen sehr beeindruckend. Und das trotz der „hohen Belastung“. Es gab nicht nur über 100m Vor-, Zwischen- und Endläufe, auch die Sprintstaffeln mussten sich für das Finale erst einmal qualifizieren. Viele 400-m-Läufer und Läuferinnen starteten auch noch in der 4x400-m-Staffel für ihre Vereine. Es gab einen Weltklasseläufer (Erwin Skamrahl), der über 200m und 400m einmal Gold mit DR und einmal Silber gewann. Und in der Frauenstaffel des LAV Düsseldorf, die mit 3:34,06min die Silbermedaille gewann, traten zwei Siebenkämpferinnen an, Sabine Braun und Sabine Everts.

Nachstehend die Leistungen der Siegerinnen und Sieger (und, wo sie besonders gut sind, auch die von Platzierten):

Frauen:

 100m  Klösters  11,44sec        
 200m  Sussieck  23,20sec  Thimm  23,22sec  Bußmann  23,25sec
 400m  Bußmann  50,87sec        
 800m  Schultheiß  2:02,29min        
 1500m  Kraus  4:00,69        
 3000m  Kraus  9:12,04min        
 10000m  Teske  32:13,85min DR        
 100m H.  Filsinger und Denk  13,11sec (es gab zwei Goldmedaillen)        
 400m H.  Wagner  56,29sec        
 4x100m  Bayer Leverkusen  44,74sec  2.  44,87sec  3.  44,97sec
 4x400m  Bayer Leverkusen  3:33,56min        
 Hoch  Meyfarth  2,00m        
 Weit  Sussieck  6,73m (richtig: die 200m-Siegerin)        
 Kugel  Losch  18,83m        
 Diskus  Manecke  65,10m        
 Speer  Thyssen  65,80m        

Männer:

 100m  Haas  10,19sec (im ZWL 10,16sec DR)        
 200m  Skamrahl  20,44sec DR  Haas  20,46sec  Lübke  20,63sec
 400m  Weber  45,12sec  Skamrahl  45,43sec    
 800m  Wülbeck  1:46,05min  Ferner  1:46,7min    
 1500m  Becker  3:39,63  Wessinghage  3:40,80min    
 5000m  Nothacker  13:59,34min        
 10000m  Herle  28:22,52min        
 110m H.  Schaumann  13,73sec        
 400m H.  Schmid  48,66sec        
 3000m H.  Schwarz  8:29,18min        
 4x100m  LAC Quelle Fürth  38,95sec  Sal.Kornwestheim  39,02sec  TV Wattenscheid  39,03sec
 4x400m  VfL Sindelfingen  3:06,42min        
 Hoch  Mögenburg  2,31m  Thränhardt  2,28m  Frommeyer  2,28m
 Stabhoch  Lohre  5,50m        
 Weit  Hingsen  8,00m        
 Drei  Bouschen  17,33m DR        
 Kugel  Föhrenbach  18,89m        
 Diskus  Wagner  64,92  Hartmann  64,08m    
 Hammer  Riehm  77,98m  Ploghaus  76,22m    
 Speer  Tafelmeier  86,38m  Schreiber  82,86m (der spätere Ltd. DLV-Arzt)    

Ein Vergleich der Siegleistungen von 1983 mit denen der diesjährigen Meisterschaften in Berlin kann nicht im Maßstab 1:1 vorgenommen werden, es bedarf relativierender Einordnung (neue Stäbe, veränderte Speere, Laufbahnbelag, verbesserte Spikes, in den längeren Strecken unterschiedliche, durch die Taktik bestimmte Rennverläufe; jeweils zwei Langstrecken bei Frauen und Männern, zusätzliche Belastung durch die 4x400-m-Staffeln). Und dennoch ist es vielleicht überraschend: nach 39 Jahren gab es bei 30 vergleichbaren Wettbewerben nur in diesem Jahr nur 13 bessere Leistungen (bei den Männern 100m, 200m, 5000m, 3000m Hindernis, Stabhochsprung, Kugelstoß; bei den Frauen 100m, 200m, 800m, 400m Hürden, Weitsprung, Diskuswurf, 4x100m). Die Witterungsbedingungen waren sehr ähnlich, sommerlich warm. Beide Meisterschaften wurden am letzten Wochenende im Juni ausgetragen.

Haben alle Recht, die sagen, Vergleiche mit früher bringen uns nicht weiter? 

Wenn man einmal die Geschichten hinter den Erfolgen und Misserfolgen weglässt (es sind zahlreiche, sowohl bei der WM als auch bei den DM) die zeigen, was im Wettkampf alles möglich ist), so bleibt eine große Erfolgsgeschichte, die wir nicht vergessen sollten: die wichtige Rolle der Vereine im DLV. Sie haben ihren Athletinnen und Athleten gute und sehr gute Trainer und ebensolche Trainingsbedingungen zur Verfügung gestellt (wenn man auch noch anmerken muss, dass es nur sehr wenige Trainingshallen gab, und die meisten von ihnen hatten keine 200-m-Rundbahn). Es war eben noch die Zeit, wo die Leichtathletik zwar im Sportunterricht eine wichtige Rolle spielte, aber sonst war alles einige Nummern kleiner als heute (auch, wenn man sich die Etats des DLV anschaut). Und natürlich zugleich die Rolle der Vereinstrainer. Unter ihnen waren nur wenige hauptberuflich tätig, und auch sie arbeiteten nicht in der Komfortzone mit einzelnen TOP-Athletinnen oder -Athleten. Als kleines Denkmal (Denk mal nach…) hier eine Auswahl dieser Trainer, nicht systematisiert, sondern einfach, wie sie mir ins Gedächtnis kommen: Gertrud Schäfer, Hans-Jörg Holzamer, Friedrich Kannegießer, Rolf Krüsmann, Herbert Stürmer, Ernst Klement, Lutz Müller, Jochen Spilker, Max Steger, Karl-Heinz Steinmetz, Hans Raff, Dragan Tancic, Norbert Pixken, Wolfgang Vander, Christian Gehrmann, Hans Raff, Günter Schlosser, Eckard Hutt, Prof. Berno Wischmann – bei den Hauptamtlichen in Vereinen und DLV sind es u.a. Gerd Osenberg, Bert Sumser, Paul Schmidt, Jürgen Mallow). DLV-Trainer für die 4x400m der Männer, die in Helsinki Silber gewann, war (nicht hauptamtlich) Manfred Kinder.

Im gleichen Jahr fand die Junioren-EM in Schwechat bei Wien statt. Es würde den Rahmen sprengen, wenn ich die dort ihre Karriere startenden DLV-Juniorinnen und Junioren und die dafür verantwortlichen Trainer alle aufzählen würde. Aber eines möchte ich anmerken, weil es viel über den damals herrschenden Teamgeist aussagt. Nicht vom DLV organisiert, sondern privat von Günter Eisinger initiiert (derjenige, der später Ariane Friedrich zu großen Erfolgen führte), traf sich das Team im Herbst zu einem großen Fest auf der Burg in Friedberg. Auch diese Veranstaltung war keine Eintagsfliege, sondern wurde alle zwei Jahre für die jeweiligen Mannschaften angeboten. Die dabei waren, etwa Ralf Jaros oder Edgar Itt, können berichten, welche Bedeutung diese Zeit in ihrem Leben hatte.

Es war eine Zeit, in der viele „mit Lust zur Leistung“ kamen. Eine Zeit, in der jeder die Socken tragen durfte, die er/sie wollte (und so manches Maskottchen damit verbunden war; wer kennt nicht die berühmten Ringelsöckchen…?).

Nun sollte niemand daraus ableiten, dass es möglich wäre oder gar wünschenswert, das Rad zurückzudrehen. Es war eine andere Zeit, Surfen und Skaten waren unbekannt, das Internet noch nicht erfunden (und also gab es auch keine WhatssApp-Mitteilungen „an alle“, die heute die Kommunikation innerhalb der DLV-Nationalmannschaft vom analogen Leben fortführen). Es gab keinen OSP, kein „Head of Science“, kein „change-management“ und keine Eliteschulen des Sports. Es gab die große Konkurrenz des Fußballs, und viele „unserer“ damaligen Nationalmannschafts- Mitglieder haben in ihrer Jugend ebenso Fußball gespielt wie andere in ihrem Alter auch (und vorher waren sie beim Kinderturnen, manche spielten Handball usw. usf.). Die Kaderförderung in den Landesverbänden begann in der Regel erst mit 15 oder 16 Jahren, im DLV wurden die damals 17/18jährigen in der Förderstufe III erfasst und meist nur in Regionalgruppen bei wenigen Wochenend- Lehrgängen zusammengeführt. Die Erfassung (= Sichtung) dieser Talente erfolgte bei DLV-Sichtungslehrgängen in den Disziplinblöcken, wobei die Teilnahme der Heimtrainer obligatorisch war.

Bei allem Wandel, der sicher heute andere Anforderungen an den DLV stellt, würde ich dennoch eine Anregung zum Nachdenken daraus ableiten: wie wäre es, wenn ein großer Teil der Mittel für die Trainerfinanzierung den Vereinen gegeben wird, in denen die Arbeit für den Spitzensport stattfindet? Denn eines gilt unverändert: die Qualität des Trainings, die Qualität der Trainer sind die entscheidende Größe für Erfolg oder Misserfolg im Einzelnen und für einen Verband. 

Die Basis sichert diese Erfolge, wenn man sie immer weiter schwächt und glaubt, alles zentral leiten und leisten zu können, wird die Basis immer schwächer und der Verband immer mehr überfordert.

Wer soll das bezahlen? Die Anzahl der zentralen Trainer könnte deutlich verringert werden, ihre Aufgaben wären vorrangig Sicherung und Weitergabe von know-how, Organisation von gemeinsamen Maßnahmen (Trainingslager und Erfahrungsaustausch), Vorschläge für die Kaderbildung und für Nominierungen erarbeiten, den Kern eines erfahrenen Betreuerteams bei internationalen Meisterschaften bilden. Sie sollten nicht nur organisieren und verwalten, sie können durchaus auch praktische Arbeit leisten (etwa bei der Vorbereitung der Nationalstaffeln). 

Das wäre wirklich „change-management“, eine große Wertschätzung für die Arbeit der Vereine und ihrer Trainer. Es würde vermutlich Kräfte an der Basis freisetzen und zahlreiche weitere positive Nebeneffekte auslösen. Es würde Verantwortung dorthin delegieren, wo sie wirklich liegt und wahrgenommen wird. Etwas vereinfacht, es würden den DLV vom Kopf auf die Füße stellen. Derzeit scheint der Kopf ohnehin überlastet zu sein.

Nachdruck erwünscht